Am 1. Oktober hatte Herr Storck in der Stadtverordnetenversammlung die Gelegenheit, sich zum Thema Putenmastanlagen Roddahn zu äußern. Wir waren auch dabei und waren entsetzt über den Verlauf.

So kamen wir nicht umhin, einen OFFENEN BRIEF an den Bürgermeister Herrn Tedsen, CDU, zu formulieren. Dieser ist nun im Folgenden abgedruckt:

Putenmastanlagen in Roddahn

Sehr geehrter Herr Tedsen,

zunächst einmal möchte ich mich kurz vorstellen: ich lebe mit meiner Familie in Roddahn seit 1992 und bin vor Ort in eigener Praxis als Psychologische Psychotherapeutin niedergelassen. Ich bin Mitglied in der Bürgerinitiative Roddahn MINUS Putenmast.

Mit Betroffenheit und Entsetzen erfuhr ich von dem Verlauf der Stadtverordnetenversammlung, die am 01.10.2018 stattgefunden hat. Dort war das Thema „Putenfarm Roddahn“ erneut angesetzt worden.

Wie mir berichtet wurde, saß der Betreiber der Putenfarm, Herr Storck, seines Zeichens Vorsitzender der Putenmasterzeuger Deutschlands, links neben Ihnen.

Es mutet seltsam an, dass ein Agrarfunktionär links neben dem Bürgermeister Platz nimmt, während die betroffenen Roddahner Bürger einen normalen Besucherplatz am anderen Ende der U-förmigen Sitzreihe einnehmen.

Ich bin entsetzt zu hören, dass Sie Herrn Storck wiederholt versichert haben sollen, dass Sie ihn in Roddahn halten wollten und nicht wollten, dass er mit seinen Puten abwandert.

Wie ich hörte, erhielt dieser hohe Herr eine lange Redezeit, in der er ausführlichst seine Motivation erläuterte, hier in der Region Putenmastanlagen zu betreiben.

Wie kommt es, dass Herr Storck eine lange Redezeit erhält und die Vertreter der Bürgerinitiative in ihren Redebeiträgen begrenzt und unterbrochen werden, sodass sie weder die Möglichkeit haben, ihre Sicht der Dinge darzulegen noch Behauptungen von Herrn Storck widerlegen zu dürfen?

So entsteht ein tendenziöses, schiefes Bild und wir Bürger werden nicht unterstützt. Ich fühle mich von Ihnen in unserem Anliegen nicht ernst genommen.

Vielmehr entsteht ein Bild, dass wieder einmal ein Unternehmer von einem Amtsinhaber gebauchpinselt wird und die leidtragenden Bürger im Stich gelassen werden.

Ich möchte hier nochmals betonen, dass wir uns als leidtragende Bürger Roddahns in Form einer Bürgerinitiative zusammengetan haben, weil wir die Missstände, die durch die Putenfarm hervorgerufen werden, nicht länger hinnehmen wollen.

Wir leiden seit 2001 unter dem Gestank, den Feinstäuben und den bereits mehrfach dargelegten Missständen.

Für Sie noch einmal zur Kenntnisnahme:

Zwei Gutachten von 2013 und 2015 belegen die massive Geruchsbelästigung in Roddahn an 35 % der Tage, welche damit doppelt so hoch ist wie es der Grenzwert für die Dorfstruktur zulässt.

Einer nachträglichen Anordnung des Landesamtes für Umwelt (LfU, ehemals LUGV), in der es um die Umsetzung der Auflagen geht, kommt Herr Storck bis heute nicht nach. Stattdessen hat er nach abgelehntem Widerspruch Anfang dieses Jahres dagegen Klage eingereicht.

Der NDR und die Tagesschau strahlten 2016 schockierende Filmaufnahmen von blutenden und verendenden Puten aus Roddahn aus. Schon 2012 berichtete  die „Märkische Allgemeine“ von 1.000 verendeten Puten.
Trotzdem hat sich bis heute nichts verändert!

Der immer wieder erwähnte Gestank, der weit über die übliche Landluft hinausreicht, resultiert aus den zu hohen Emissionen, die auf die enorme Tierdichte in den Ställen bei gleichzeitig nicht sachgerechter Entlüftung derselben zurückzuführen sind.

So werden sämtliche Ställe immernoch ebenerdig entlüftet obwohl baulichen Auflagen zufolge alle Ställe 1,50 m über First entlüftet werden müssen. Die Erfüllung der Bauauflagen wiederum ist Voraussetzung für die Betriebsgenehmigung.

Trotz nicht erfüllter Auflagen aber darf die Putenmastanlage seit 2001 in diesem Zustand betrieben werden und gefährdet mit ihren Emissionen die Gesundheit der Anwohner.

Eine weitere bauliche Auflage betrifft die Abwassergruben. Das Betriebsgelände der „Fürs Tier GmbH & Co. KG“, eine Anlage mit drei Ställen in unmittelbarer Nähe zur ortsansässigen Kindereinrichtung. Diese Einrichtung besteht bereits seit 1968 und wurde 1997 vom Träger Tausendweg als Kindertagesstätte in Freier Trägerschaft überführt.

Die Stallanlage benötigt pro Stallgebäude eine Grube zuzüglich einer Grube für die sanitären Anlagen der Mitarbeiter. Somit müssten vier Gruben vorhanden sein. Tatsache ist aber, dass auf der gesamten Anlage nur eine einzige Grube existiert.

Wie aus der Zeitung (MAZ vom 6. Oktober) zu entnehmen war, haben Sie einem Teil der von uns erhobenen Vorwürfe gegen den Betreiber widersprochen und gesagt: „Ich habe Unterlagen bekommen, die belegen,dass die Betriebsprüfungen der Behörden in Roddahn alle in Ordnung waren“. Ich frage Sie: Welche Schlüsse ziehen SIE daraus?

Haben Sie sich die Protokolle der Betriebsführungen angeschaut?

Haben Sie hinterfragt, ob die Behörden die Erfüllung der zur Betriebsgenehmigung schriftlich festgelegten Auflagen überprüft haben?

Aus Ihrer Aussage ist lediglich zu entnehmen, dass das, was die jeweiligen Behörden just zum jeweiligen Zeitpunkt geprüft haben mögen, nicht zu beanstanden war.

Ihre Aussage ist also trügerisch und suggeriert die Schlussfolgerung „alles ist in Ordnung“.

Wie ich hörte, behauptete Herr Storck in der Stadtverordnetenversammlung, dass zu dem Zeitpunkt unserer friedlichen Bürgeraktion am 1. September 2018 kein Geruch hätte sein können, weil ja keine Puten im Stall gewesen wären. Dazu können Sie mehr als hundert Zeugen befragen, die an diesem Tag dabei waren und alle den Gestank wahrgenommen haben. Wenn Herr Storck damit suggeriert, wir würden lügen, dann muss ich fragen: wer lügt hier????

Auch Ihnen, Herr Tedsen, möchte ich sagen: Schauen Sie genau hin, lassen Sie sich nicht von einem Funktionär blenden, machen Sie sich selbst ein Bild und kommen Sie hierher nach Roddahn!Sie können sich sicher sein: Wir würden in unserer Freizeit viel lieber andere Dinge tun, als uns gegen die Missstände zu wehren.

Wie Sie wissen, haben wir am 1. September eine Petition gestartet und fordern jetzt erst recht:

Die sofortige Schließung der Putenfabriken in Roddahn, bis der Betreiber die genehmigungsrelevanten Auflagen erfüllt hat – ohne Wenn und Aber!

Ungeachtet dessen, ob ein einzelner Unternehmer mit seiner Frau sich in die Gegend verliebt haben mag oder nicht, leben hier in Roddahn etwa hundert Menschen und mehr als 100 Menschen sind hier jeden Tag in der Öffentlichen Einrichtung.

Herr Tedsen, Sie wissen, dass sich in den vergangenen zwanzig Jahren viele junge Familien in Roddahn und Umgebung angesiedelt haben, weil ihre Kinder in die Freie Nachbarschaftsschule Roddahn gehen. Sie sind unsere Zukunft, die Zukunft auf dem Lande!

In der Freien Nachbarschaftsschule sind 25 Arbeitsplätze entstanden, weitere Betriebe haben sich gegründet, die ebenfalls Arbeitsplätze schaffen.

Wenn Sie auf unsere Homepage schauen (www.roddahn-putenmast.de), finden Sie heraus, welche Betriebe das sind und können abschätzen, dass hier mehr Arbeitsplätze geschaffen wurden als in der Putenfabrik Roddahn.

Wenn Herr Storck erklärt, er habe 45 Angestellte in 13 Fabriken, dann sind das genau DREI Mitarbeiter in Roddahn!

Wir sind nicht bereit, weiter hinzunehmen, dass die Gier eines Betreibers dazu führt, dass 200 Menschen, dauerhaft leiden müssen.

Ich finde es sehr ärgerlich, dass Neustadts Bürgermeister seinen Roddahner Bürgern derart in den Rücken fällt.

Mit freundlichen Grüßen

Hedwig Wischner

Der Putenfarmer bei den Stadtverordneten in Neustadt

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