Im Rahmen seiner Sommertour „RespekTier“ reist der Fraktionsvorsitzende Brandenburgs von Bündnis 90 / die Grünen, Benjamin Raschke, durchs Land. Station machte er am Sonntag auch in Reitwein, wo ein Investor aus Niedersachsen plant, eine Putenmastanlage für 14.920 Tiere in Betrieb zu nehmen.

Die dortige Bürgerinitiative wandte sich vor einger Zeit auch an uns in solidarischer Absicht und knüpfte so die erste lose Verbindung. Ganz klar ist uns wohl allen, dass die Zeit reif ist für eine Agrarwende. Massentierhaltung gehört längst der Vergangenheit an.

So fühlte ich die solidarischen Grüße als Einladung und reiste nach Reitwein.

Als Vertreter unserer BI begleitete ich den Dorfrundgang und die anschließende Diskussionsrunde.

Benjamin Raschke, der Bürgermeister und Nadine Schmid, (c) privat.

Um 10:18 Uhr kam der Bus an. Als Empfangskomitee standen neben mir, der Bürgermeister, Herr Schieberle, Vertreter*innen der Bürgerinitiative „Unser Reitwein“ und der RBB mit Kameramann und Reporter. Auch Heike Volkmar aus Benjamins Büro war schon vorher gekommen und die Sprecherin der Partei aus Märkisch Oderland.

Gemeinsam stiegen wir die Straße hinauf. Vor uns lag der Reitweiner Sporn, eine erdgeschichtliche Besonderheit. Unser erstes Ziel war die alte Stüler Kirche oberhalb des Dorfes. Eigens für den heutigen Anlass hatte die BI den Kirchturm geöffnet, von dessen oberer Plattform man einen einmaligen Rundumblick auf die unmittelbare Umgebung hatte.

(c) privat.

Die ganze Zeit über lief der Bürgermeister neben dem Politiker aus Potsdam und erzählte von den Ideen und Visionen der Anwohner. Aktuell würde Reitwein um das „Kulturerbe – Siegel“ mit der Stadt Fulda ringen. Ja, im Bund sei dies längst entschieden, hören wir erstaunt.

Auf dem Abstieg wird der Blick frei auf eine neu eingedeckte Villa. Dies sei eine neue Herberge, derer es nun 3 in Reitwein gäbe. Mit EU – Mitteln zur Dorfentwicklung wurde diese unterstützt. Günther von Wittich, der direkte Nachfahre des Erbauers der Kirche, hatte nach der politischen Wende die gräfliche Villa zurück erwerben und in seinen Heimatort zurückkehren können und sie im Alter von fast 90 Jahren zur Herberge umgebaut. Auch ich hatte die vergangene Nacht dort verbracht und sowohl die Frau als auch deren Tochter Elisabeth beim Frühstück kennen lernen dürfen. Als sie erfuhren, warum ich hier bin, bekundeten auch sie ihre Sympathie mit der BI und bemerkten, dass sie mir als Unterstützer ihrer ureigenen Interessen gar kein Geld abnehmen wollten. Als ich das jedoch ablehnte, baten sie mich, auf dem Tisch zu hinterlassen, was es mir wert gewesen sei.

Die nächste Station war eine Baustelle. Dort, so erfuhren wir bald, entsteht eine Wohneinrichtung der „Wichern Wohnstätten“ für psychisch behinderte Menschen mit Anbindung zur Arbeitstherapie. Ganze 20 Arbeitsplätze werden hier entstehen.

In direkter Nachbarschaft liegen die Felder des Ökobauern Johannes Erz, der als erster deutscher Landwirt versucht Linsen anzubauen. Zwischen Melde und Hafer sind die kleinen Pflänzchen gerade gut an ihren blauen Blüten zu erkennen. Seine Ausführungen lassen erahnen, wie intiensiv seine geistige Vorabeit gewesen sein muss! Das sei, so nimmt er uns mit, die „Eier legende Wollmilchsau“. Mit viel Herzblut und mutigem Engagement will er Stück für Stück weiter gehen in eine Zukunft ökologischen Landbaus. Das, so erfahren wir, entspräche eh der Tradition dieser Region, die schon immer die Gemüsekammer Berlins war. Die Politik, so beschreibt er seine Sicht auf das Oderbruch, verschlafe gerade die Chance Europas Bio – Hauptstadt zu werden.

Linsenpflanze mit Blüte, (c) privat.

Nun lernen wir Nina Keller kennen, die Wildblumen anbaut und Samen prodziert für die vielen Ausgleichsflächen, die renaturiert werden müssen. (Blühstreifen, Straßenrandbegrünung und Privatleute, die eine Wildblumenwiesen haben möchten).

(c) privat.

In den Gesprächen am Rande erörtert der Bürgermeister eine Besonderheit nach der anderen. Er redet von der „Stiftung Oderbruch“ für die Förderung regionaler Produkte und für kurze Wege.

Auch vom ältesten Kindergarten der Region berichtet er und dass hier kein Haus mehr leer steht.

Ich bin fasziniert von den gemeinsam vorgestellten Zukunftsplänen. Alle ziehen hier an einem Strang!

Die ganze Zeit über trugen Dirk und Jana von der BI ein Plakat bei sich, auf dem gefordert wurde: „Auch Mindestabstand bei Puten!“

(c) privat.

Nicht nur ich hatte fast vergessen, dass es um die neue Putenmastanlage gehen sollte.

Eines jedoch spürten wir alle: Die passt hier wahrlich nicht rein!

Natürlich schauten wir uns zum Abschluss die alten Ställe der LPG – Rinderzucht an.

Es gibt keine Ausgleichsflächen!

In direkter Nachbarschaft ist ein ausgewiesenes Vogelschutzgebiet, ja sogar ein Teil der Anlage selbst gehört dazu.


Vor diesem Hintergrund bat nun der RBB um Interwiews mit Benjamin Raschke und später mit Nadine Schmid, der Sprecherin der BI.

Noch ein kurzer Halt vor dem Banner am Ortseingang mit Fototermin und dann ging es zur Diskussionsrunde ins Gasthaus.

(c) privat.

Ein Bufett mit selbst gebackenem Kuchen, geschmierten Brötchen , Salaten, Kaffe und Tee erwartete uns. Wer wollte, dem kredenzte der Wirt seine Fassbrause oder alles andere, was das durstig – hungrige Herz begehrte.

Auch die zufällig anwesenden Gäste waren eingeladen, mit uns zu speisen, zu diskutieren und die Spendenbox zu füllen.

Eine junge Doktorantin aus Bayreuth, die aus ethnologischer Sicht die Wildschweinpest in der Region erforschte, war mit ihrer Betreuerin ebenso dabei, wie ein Bauer aus dem Dorf.

Für mich war dieser Tag  ein Beweis dafür, dass wir alles schaffen können, wenn wir zusammen halten!

Der Focus war nicht auf Protest ausgerichtet, sondern auf Vision.

Die Zukunft stand im Mittelpunkt des Rundgangs.

Jeder konnte spüren, dass hier Entwicklung stattfindet, die es wert ist, geschützt zu werden.

Keine Putenmastanlage darf diese Konzeption gefährden!

Solidaritätsbesuch in Reitwein

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